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Reverse Charge Verfahren im Umsatzsteuerrecht

Reverse Charge Verfahren bei elektronischen Dienstleistungen

Deutsche Unternehmer müssen Rechnungen aus dem Ausland in Deutschland versteuern. Auch für Werklieferungen und Dienstleistungen gilt die Steuerschuldumkehr – international als "Reverse-Charge-System“ bezeichnet. Unternehmer sollten bei Rechnungen aus dem Ausland einige Regeln befolgen, um Ärger mit dem Finanzamt zu vermeiden. 

Rechnung aus dem Ausland: Reverse Charge - Steuerschuldner ist Empfänger oder Auftraggeber

Immer häufiger bieten Unternehmen ihre Leistungen auch im Ausland an oder kaufen Produkte im Ausland ein. Aufträge werden grenzüberschreitend vergeben. Demnach haben Unternehmen immer öfter mit Rechnungen aus dem Ausland zu tun. Für die Umsatzsteuer auf Rechnungen aus dem Ausland gilt: Seit dem 1. Januar 2010 gilt als Grundregel, dass Leistungen an Unternehmen dort steuerbar sind, wo die Leistung erbracht worden ist. Rechtsgrundlage ist §13b UStG. Dienstleistungen sind vom Leistungsempfänger zu versteuern. 

Beispiel: Ein Unternehmen gibt bei einem Unternehmen in Frankreich eine Website in Auftrag. Steuerschuldner ist das Unternehmen in Deutschland, auch wenn die Webdesigner ihre Schreibtische in Frankreich nie verlassen haben.

Die Rechnung muss einen Hinweis auf die Steuerschuldumkehr enthalten. Der Gesetzgeber gibt die Formulierung "Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers" vor. Diese Formulierung sollte so auf allen Rechnungen aus dem Ausland stehen. International ist die englische Formulierung die bekannteste: "Reverse Charge". Die Oberfinanzdirektion Niedersachsen schlägt folgenden Mustersatz vor: "Auf die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers nach § 13b UStG wird hingewiesen. Der Steuersatz beträgt 19 %“. Auch im Dienstleistungsaustausch sogenannten Drittländern, die nicht der EU angehören, empfiehlt die Industrie- und Handelskammer (IHK) Frankfurt am Main einen solchen Vermerk. Die Steuerschuld des Leistungsempfängers gilt aber auch ohne diesen Hinweis. 

Unternehmer im Ausland: Im Zweifel mit Ansässigkeitsbescheinigung

Ein ausländischer Unternehmer ist nur, wer keine Vertretung im Inland besitzt, keinen Wohnort, keine Geschäftsleitung, keine Betriebsstätten. Andernfalls gilt das Geschäft zwischen den Unternehmen als Inlandsgeschäft. Das bestimmt §13b Absatz 7 UStG. Die IHK Stuttgart warnt jedoch im Internet: "Selbst wenn ein Unternehmer im Inland über eine Betriebsstätte verfügt, gilt er hinsichtlich des konkreten Umsatzes nur dann als in Deutschland ansässig, wenn dieser konkrete Umsatz auch tatsächlich von der inländischen Betriebsstätte ausgeführt wird (§ 13b Abs.7 UStG). Dieser Punkt kann im Einzelfall unklar sein." 

Geht aus einer Abrechnung mit deutscher Umsatzsteuer nicht zweifelsfrei hervor, ob der Rechnungsaussteller im In- oder Ausland ansässig ist, muss der ausländische Unternehmer eine sogenannte Ansässigkeitsbescheinigung des zuständigen deutschen Finanzamtes vorlegen. Bei Zweifeln über die Ansässigkeit im Inland sollte diese Bescheinigung also sicherheitshalber vom deutschen Auftraggeber angefordert werden, denn sonst kann seine eigene Steuerschuld verkannt werden. Die IHK hält Muster für solche Bescheinigungen bereit.

Warenlieferung oder Werklieferung

Der Gesetzgeber unterscheidet zwischen Warenlieferungen, Werklieferungen und sonstigen Leistungen (Dienstleistungen). Liefert ein Unternehmen im Ausland eine Maschine an ein deutsches Unternehmen, handelt es sich um eine Warenlieferung. Baut das Unternehmen die Maschine beim Kunden in Deutschland auch auf, dann handelt es sich um eine Werklieferung. Natürlich gilt die Steuerschuldumkehr (Reverse Charge) auch für die Werklieferung. Die Steuerschuld entsteht dort, wo das Werk geliefert wird. Warenlieferung oder sonstige Leistung (Dienstleistung) Warenlieferungen müssen außerdem physisch erfolgen.

Beispiel: Ein Unternehmen in Deutschland kauft eine neue Software bei einem Unternehmen im Ausland. Es lädt die Software beim Anbieter im Ausland herunter oder bekommt eine Datei per E-Mail zugeschickt.

Es handelt sich in diesem Fall um eine Dienstleistung, im Steuerrecht als „sonstige Leistung“ bezeichnet. Nur wenn die Software physisch auf einem Datenträger beim Kunden eintrifft, handelt es sich um eine Warenlieferung, erklärt die IHK Frankfurt/Main auf Anfrage. Dienstleistungen für deutsche Unternehmen gelten als in Deutschland erbracht und sind auch hier zu versteuern.

1. Warenlieferung aus dem EU-Ausland

Beispiel: Ein Unternehmen in Deutschland kauft seine Computer im EU-Nachbarland Österreich.

Eine Lieferung aus dem EU-Ausland ist eine "innergemeinschaftliche Lieferung“. Das muss wörtlich auch auf der Rechnung stehen. Außerdem darf die Rechnung keine Umsatzsteuer enthalten. Beide Vertragspartner müssen jeweils eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer ihres Landes besitzen. Der deutsche Unternehmer schlägt auf den Nettobetrag die deutsche Umsatzsteuer auf und deklariert diesen Betrag dem Finanzamt. Den Betrag kann er von der Vorsteuer abziehen.

2. Warenlieferung aus dem Nicht-EU-Ausland

Beispiel: Ein Unternehmen in Deutschland kauft neue Computer in den USA.

Rechnungen aus dem Ausland für Lieferungen sollten grundsätzlich keine Umsatzsteuer enthalten. Das Unternehmen in Deutschland zahlt die Einfuhrumsatzsteuer gemäß §21 UStG. Auch diese Rechnung ist vorsteuerabzugsfähig.

3. Leistung aus dem EU-Ausland

Beispiel: Ein Unternehmen in Deutschland braucht Hilfe mit einer neuen Software. Dazu wendet es sich an ein österreichisches IT-Unternehmen. Dieses leistet Beratung und programmiert.

Die Rechnung darf keine Umsatzsteuer enthalten. Zwingend erforderlich ist der Hinweis: "Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers“. Das Unternehmen in Deutschland schlägt die deutsche Umsatzsteuer auf, deklariert den Betrag dem Finanzamt und zieht die Steuer bei der Vorsteuer wieder ab. Für den Sachverhalt spielt es keine Rolle, ob die Experten aus Österreich vor Ort in Deutschland arbeiten. Die Regelung gilt auch für Werklieferungen aus dem EU-Ausland.

4. Leistung aus dem Nicht-EU-Ausland

Beispiel: Ein Unternehmen aus Deutschland sucht Rat und Hilfe in Softwarefragen bei einem Unternehmen in Russland.

Auch die russische Rechnung darf keine Umsatzsteuer enthalten. Einmal mehr muss die Rechnung den Hinweis enthalten: "Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers". Der Leistungsempfänger in Deutschland deklariert den Betrag plus Umsatzsteuer dem Finanzamt und bringt die Steuer bei der Vorsteuer in Abzug.

Allgemeine Anforderungen an eine Rechnung aus dem Ausland vorab klären

Der deutsche Gesetzgeber unterscheidet nicht nach Rechnungen aus dem In- und Ausland. Aus diesem Grund sollten Unternehmer mit Geschäftspartnern im Ausland vorab klären, welche Angaben aus der Rechnung hervorgehen müssen. Die Rechnung aus dem Ausland muss folgende Angaben enthalten:

  1. den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers,
  2. den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des Leistungsempfängers,
  3. die dem leistenden Unternehmer erteilte Umsatzsteueridentifikationsnummer (soweit vorhanden; bei Drittlandsunternehmen Steuernummer),
  4. seit 1. Januar 2010: die dem Leistungsempfänger erteilte Umsatzsteueridentifikationsnummer
  5. das Ausstellungsdatum
  6. eine fortlaufende Nummer mit einer oder mehreren Zahlenreihen, die zur Identifizierung der Rechnung vom Rechnungsteller einmalig vergeben wird (Rechnungsnummer),
  7. die Menge und die handelsübliche Bezeichnung der gelieferten Gegenstände der Lieferung oder die Art und den Umfang der sonstigen Leistung,
  8. den Zeitpunkt der Lieferung oder der sonstigen Leistung oder der Vereinnahmung des Entgelts oder eines Teils des Entgelts bei Vereinnahmung des Entgelts für eine noch nicht ausgeführte Lieferung oder Leistung,
  9. das nach Steuersätzen und einzelnen Steuerbefreiungen aufgeschlüsselte Entgelt für die Lieferung oder sonstige Leistung (§ 10 UStG) sowie jede im Voraus vereinbarte Minderung des Entgelts, sofern sie nicht bereits im Entgelt berücksichtigt ist und
  10. einen Hinweis auf die Steuerschuld des Rechnungsempfängers.


Umsatzsteuerindentifikationsnummern von Unternehmen in der EU lassen sich beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) prüfen. Wer Rechnungen ins Ausland stellt, sollte ebenfalls auf den Hinweis der Steuerschuldumkehr achten. 

 

 

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